Den heutigen Beitrag möchte ich einem Thema widmen, das viele meiner Kunden als echte Herausforderung erleben: Jeder weiß, dass es wichtig ist, als Unternehmerin, Selbständiger oder Freiberufler regelmäßig die eigene Strategie zu betrachten und möglicherweise anzupassen. Und dennoch erleben viele, dass sie chronisch viel zu wenig Zeit dafür haben. Oder genauer gesagt: Sie schaffen es nicht, sich die Zeit zu nehmen – und ärgern sich darüber. Frage ich nach den Gründen, höre ich meistens: Ich weiß es auch nicht, es ist halt so, ich habe viel um die Ohren und einfach nicht die Muße …
Wie gewohnt gibt es auch diesen Text in abgewandelter Form im Biztopia-Podcast zum Hören. Hier kannst du ihn direkt abspielen:
Was passiert hier? Vielleicht erinnerst du dich noch an die drei Rollen des Unternehmers, die ich in Anlehnung an die Filmwelt gern so beschreibe: Es gibt den planenden Drehbuchautor, den steuernden Regisseur und den Darsteller, der als Mensch mit eigenen Stärken, Werten und Bedürfnisse Tag für Tag auf dem Set ist (mehr dazu hier). Bildlich gesprochen, sind der Darsteller und der Regisseur so stark in den täglichen Dreh eingebunden, dass Regisseur und Autor es nur selten schaffen, sich in Ruhe zusammenzusetzen. Und während dies für einen in sich abgeschlossenen Spielfilm vollkommen okay wäre, kann dies für einen „Unternehmensfilm“, der immer weitergeht und der in einer Umgebung spielt, in der sich fortwährend Dinge ändern, irgendwann gefährlich werden.
Nimmt man sich nie oder viel zu selten Zeit für die Strategie, dafür, einmal „auf den Balkon“ zu steigen und sich die Situation aus einer anderen Perspektive, mit Abstand zum Alltagstrubel anzuschauen, dann hat dies häufig erst einmal eine Reihe von Nebenwirkungen …
Als Unternehmerin bzw. Unternehmer fühlt man sich möglicherweise immer häufiger getrieben, ist frustriert, weil sich die Dinge nicht oder nicht so schnell so entwickeln, wie man es sich wünscht, hat oft gleichzeitig ein schlechtes Gewissen, weil man spürt, dass ein Strategiemeeting – mit sich selbst oder den weiteren Inhabern – irgendwie doch notwendig wäre. Vielleicht beobachtet man sogar mit gewissem Neid, dass sich der eine oder andere Mitbewerber irgendwie schneller entwickelt. Hält diese Nicht-Entwicklung länger an, so kann es passieren, dass das eigene Business nicht nur nicht so wächst, wie man es sich wünscht, sondern es vielleicht sogar ins Trudeln kommt. Soweit zu den unschönen Nebenwirkungen.
Wo liegt nun aber das Geheimnis derer, die es tatsächlich schaffen, sich regelmäßig Zeit für Strategiemeetings zu nehmen? Bei denen sich Autor und Regisseur durchsetzen? Zuallererst kennen diese Unternehmerinnen bzw. Unternehmer nicht nur die negativen Folgen der fehlenden Meetings, sondern sie haben für sich in der Praxis oft immer wieder erlebt, dass es ihrem Business und ihnen als Menschen dahinter einfach gut tut, sich regelmäßig um die Strategie zu kümmern.
Persönlich fühlt man sich nach solch einem Termin sehr oft gestärkt, man verspürt Zuversicht und gleichzeitig ein stärkeres Gefühl von Sicherheit und Gelassenheit: ganz einfach, weil man weiß, dass man seine Hausaufgaben gemacht hat, und wo man ansetzen kann und wird, um die weitere Entwicklung in die Richtung zu steuern, die für einen persönlich die richtige ist. Dies schärft den eigenen Fokus für die wenigen großen und die vielen kleinen Entscheidungen, die Tag für Tag anstehen.
In anderen Worten: Eine entscheidende Voraussetzung dafür, regelmäßig „auf den Balkon“ zu gehen, die Strategie zu beleuchten und die nächsten Schritte zu planen ist, dass man weiß und idealerweise auch schon häufiger die Erfahrung gemacht hat, dass es einem persönlich und dem eigenen Business tatsächlich gut tut. Dass diese Zeit somit richtig investiert ist.
Darüber hinaus hilft es, sich für die eigenen Strategiemeetings die sechs klassischen W-Fragen zu beantworten. Dies verschafft einem schon vorher Klarheit darüber, was es heißt, diesen Termin effektiv durchzuführen – und was man dafür braucht.
Was ich damit konkret meine? Gehen wir die W-Fragen doch einfach einmal durch …
- Wer: Entscheide für dich, wen du für den Termin brauchst. Je nachdem, wie groß oder klein dein Unternehmen ist, kann es sinnvoll sein, dass du den Termin allein machst oder z.B. gemeinsam mit dem Führungsteam oder wichtigen Mitarbeitern. Überlege dir auch, ob du dir für einige Termine die Unterstützung eines externen Coaches bzw. Sparringspartners holen möchtest. Dies erleben v.a. Solopreneure und andere Einzelunternehmer oft als hilfreich. Gibt es in einem Führungsteam Spannungen, dann kann ein Moderator eine gute Ergänzung sein.
- Wo: Der Ort ist wichtig. Oben habe ich bildlich davon gesprochen, dass das Strategiemeeting „auf dem Balkon“ stattfindet. Es muss logischerweise kein echter Balkon sein, aber ein gewisser räumlicher Abstand tut gut. An welchem Ort fühlst du dich wohl, kannst dich gut konzentrieren und bist du ungestört? Für die einen ist dies ein ruhiges Café, andere planen bei schönem Wetter am liebsten zu Hause auf der Terrasse oder gönnen sich mit dem Führungsteam einen Tag offsite …Du entscheidest, welches der richtige Ort ist. Vielleicht wechselst du auch und nutzt für die „größeren“ Meetings einmal im Quartal oder Halbjahr einen „richtig externen“ Ort und für die anderen pragmatisch ein ungestörtes Plätzchen, auf das du im Alltag leicht Zugriff hast?
- Wann: Wichtig ist, dass deine Strategiemeetings regelmäßig stattfinden – nicht nur „wenn gerade mal Zeit ist“ (also fast nie) oder in akuten Krisensituationen. Nur so kannst du diese Termine nutzen, um vorausschauend zu agieren anstatt auf andere zu reagieren. Und sie werden zu einer guten Gewohnheit. Es hat sich bewährt, verschiedene Intervalle miteinander zu kombinieren, beispielsweise ein normales Strategiemeeting auf „niedrigerer Flughöhe“ alle 14 Tage oder einmal im Monat und ein großes, längeres Strategiemeeting auf „höherer Flughöhe“ einmal im Quartal oder Halbjahr. Welche Intervalle sinnvoll sind, hängt von deinem Business ab.Wichtig: Trage diese Termine unbedingt fest in deinen Kalender ein. Und verteidige sie! Sie sollten die gleiche Bedeutung haben wie ein Treffen mit einem wichtigen Kunden oder deinem Steuerberater. Auch diese Termine wirst du wahrscheinlich nicht einfach so streichen oder verschieben …
- Was: Bei diesem Termin geht es darum, die Strategie zu planen – nicht nur die kurzfristige Taktik, das machst du wahrscheinlich täglich. Ergebnis des Meetings sind konkrete Entscheidungen, an die du dich in der Folge auch hältst.
- Wie: Für den Erfolg eines Strategiemeetings ist wichtig, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Ablenkungen während des Termins durch Mails, Anrufe oder andere „Störer“ sollten bis auf echte Notfälle tabu sein.Wichtig ist auch, dass du einigermaßen ausgeruht und mit einer positiven Grundhaltung in den Termin gehen kannst. Versuche, den Termin mit möglichst wenig Stress und einer gewissen Muße anzugehen. Das hilft dir, eine weitere Perspektive einzunehmen, kreativ auf mehr Ideen zu kommen und möglichst konstruktiv zu denken. Führe dir zu Beginn noch einmal deine Vision vor Augen. Wenn du sie schriftlich fixiert hast (das hast du sicherlich :-)), schaue sie dir zu Beginn noch einmal genau an.Werfe außerdem einen Blick auf deine aktuellen Kennzahlen. Frage dich dann, was seit dem letzten Strategiemeeting passiert ist: Inwieweit hat sich die Lage geändert? Welche neuen Erkenntnisse gibt es? Was hast du inzwischen gelernt? Überlege dir, welche strategischen Optionen du hast. Nehme dir dafür Zeit – es sind fast immer mehr als die, die einem im ersten Moment einfallen! Wäge ab, diskutiere sie ggf. mit den anderen Teilnehmern und dann treffe bzw. trefft die richtigen Entscheidungen. „Richtig“ sind die zu eurer Vision, euren Werten, Stärken und Bedürfnissen passen und die euch auf eurem Weg am besten weiterbringen.Haltet diese Entscheidungen fest und sorgt für Nachhaltigkeit, sprich dafür, dass sie nicht verpuffen: Übergebt sie am besten gleich an den, der sich darum kümmern soll – bist du es persönlich, dann trage in deine to-do-Liste ein, was du tun möchtest, wirst du eine Aufgabe delegieren, dann halte dir eine Notiz dazu fest und übergebe sie zeitnah.
- Warum: Auf das „Warum“ bin ich allgemein ja schon zu Beginn eingegangen. Entscheidend ist, dass du auch für dich persönlich einmal formulierst, was dir diese Meetings bringen, und es tatsächlich spüren kannst.Viele Selbständige, mit denen ich arbeite, schätzen die Gestaltungsfreiheit, die das eigene Business mit sich bringt. Das Strategiemeeting ist eine wichtige Gelegenheit, um davon Gebrauch zu machen! Hier kannst du ganz konkret zum sinnvollen Wachstum deines Business beitragen und Einfluss auf die weitere Entwicklungsrichtung nehmen. Damit wirst du nicht zuletzt auch der Verantwortung gerecht, die du möglicherweise dir selbst, deinem Unternehmen und ggf. deinen Mitarbeitern oder Partnern gegenüber verspürst. Und – siehe oben – es stärkt dich und macht Freude!
Du siehst, besonders spektakulär ist das „Geheimnis“ hinter Strategiemeetings überhaupt nicht. Geht man die W-Fragen einmal gründlich für sich selbst durch, dann ist das innere Team aus Autor, Regisseur und Darsteller meist bereit, eigenen Strategiemeetings zumindest eine (neue) Chance zu geben …
Noch zwei banale Tipps zum Schluss: Einfach machen! Ersten Termin eintragen, loslegen, positive Erfahrungen damit sammeln, gleichzeitig beobachten, was zu einem passt und was man beim nächsten Mal im Detail anders machen möchte – und dann dranbleiben …
Auf einen Blick: Take-Aways
- Strategiemeetings sind wichtig. Dennoch schaffen es viele Selbständige nicht, sich regelmäßig Zeit dafür zu nehmen.
- Finde deine persönlichen Antworten auf die 6 W-Fragen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass du solche Termine für dich als wertvoll erlebst und dranbleibst.
- Trage dir einen festen Termin für dein nächstes Strategiemeeting in deinen Kalender ein, lade ggf. weitere Teilnehmer verbindlich dazu ein.
Auch zum heutigen Beitrag habe ich dir ein Arbeitsblatt vorbereitet: Es ist eine Liste mit allen Punkten, die eine Einladung zum Strategiemeeting meiner Erfahrung nach beinhalten sollte.
Lade sie dir am besten jetzt gleich herunter und schau sie dir an!