Bestimmt kennst du das Bild:
Es regnet in Strömen. Ein Auto steckt im Schlamm fest.
Der Fahrer tritt aufs Gaspedal, der Motor heult laut auf, und … die Räder drehen durch. Er versucht es wieder und wieder, aber das Fahrzeug kommt nicht von der Stelle.
Ich denke, wir alle haben das schon gesehen – im realen Leben oder zumindest im Film.
Manchmal erleben Selbständige und Unternehmer etwas Ähnliches: Sie geben Gas in ihrem eigenen Business, sind täglich viele Stunden aktiv, arbeiten hart – und haben den Eindruck, dass ihr Unternehmen trotzdem nicht von der Stelle kommt. Irgendwie ist’s passiert, das Business ist festgefahren.
Und – um noch einen Moment im Bild zu bleiben – während man selbst schön tief im Schlamm steckt, ziehen andere Fahrzeuge bzw. Unternehmen zügig an einem vorbei. Stillstand heißt im Business allerdings ganz häufig auch – und hier endet das Bild –, dass es nicht nur nicht mehr weiter nach vorn geht, sondern man de facto zurückfällt. Denn die Welt da draußen ist nicht statisch, sondern bewegt sich selbst immer weiter.
Somit ist es auch nicht viel besser, wenn man nicht komplett feststeckt, sondern „nur“ mit angezogene Handbremse fährt. Dann kommt man zwar ein wenig voran, aber doch viel langsamer als die anderen. Zudem kostet es unheimlich viel Kraft, und man spürt klar, dass es so nicht „richtig“ sein kann …
Blockade bzw. Stillstand im eigenen Unternehmen haben viele Folgen: Die Situation ist für alle Beteiligten anstrengend, zermürbend, ermüdend, frustrierend – und kann langfristig womöglich den Fortbestand des Business und die eigene Gesundheit gefährden. Auf alle Fälle erlebt man hautnah das Gegenteil von Wachstum. Und es passiert schon gar nicht, dass das eigene Unternehmen so wächst, wie es zu einem passt – und darum soll es hier bei Biztopia ja eigentlich gehen.
Fragen wir doch einmal ketzerisch: Wie schafft man es, sich möglichst wirkungsvoll zu blockieren, so dass nichts mehr nach vorn geht oder man sich allenfalls im Schneckentempo bewegen kann, auch wenn man sich wirklich anstrengt? Die Antwort auf diese Frage kann den Weg zur Lösung weisen, denn: Zu verstehen, wie man sich blockiert, ist der erste Schritt, um die Blockade zu lösen und „die PS wieder auf die Straße zu bringen“.
Ich möchte dir daher neun Blockade-Muster vorstellen, mit denen man „wunderbar“ verhindern kann, dass das eigene Business wächst. Mit denen man es sich also so richtig schön schwer machen und erreichen kann, dass die persönliche Freude an der Arbeit und die Unternehmenszahlen um die Wette in den Keller rauschen.
Die Blockaden zu benennen ist das eine. Meiner Erfahrung nach lohnt es sich aber bei dieser Thematik besonders, sich einen Moment Zeit zu nehmen und darüber zu reflektieren, ob und wie man diese Blockaden persönlich „beherrscht“, so dass sie im eigenen Business-Alltag wirken können. Daher habe ich mich entschieden, nicht alle neun Blockademuster auf einen Schlag vorzustellen, sondern 3 x 3 Stück. Von den ersten dreien handelt dieser Blog-Eintrag, die weiteren beschäftigen uns dann in Kürze 🙂
Wer mag, kann sich diesen Teil übrigens auch in meinem Biztopia-Podcast anhören:
Starten wir also mit den ersten drei Blockademustern:
Um anschaulich zu machen, wovon ich spreche, nutze ich wieder die ARD-Methode. Das heißt, ich schaue mir die drei Rollen des Unternehmers an: planender (Drehbuch-)Autor, steuernder Regisseur und handelnder Darsteller. Hier habe ich mehr dazu geschrieben.
Auf die Gefahr hin, dass es am Ende keine Pointe gibt, das Wichtigste vorweg: Alle Rollen sind gleich wichtig. Sie müssen im Gleichgewicht sein und sich gegenseitig ernst nehmen!
In der Realität sieht‘s häufig anders aus und wir erleben eine schöne Schieflage. Auch wenn sich die drei gegenseitig bedingen: Je nach Blockademuster ist jeweils eine Rolle der zentrale Ansatzpunkt für die Lösung.
Heute starte ich mit den drei Fällen, in denen man am besten beim Drehbuchautor ansetzt. Zur Erinnerung, der Autor ist derjenige, der zu Beginn eine Vision hatte, der plant, Milestones und Budget festlegt usw.
Beim Autor können mindestens drei Dinge schieflaufen. Schauen wir sie uns doch einmal der Reihe nach an:
1. Als das Drehbuch fertig war, ist der Autor verschwunden.
Das heißt, der Autor hat irgendwann einmal das fertige Drehbuch an den Regisseur zur Ausführung übergeben – und weg war er.
Inzwischen sind womöglich viele Jahre vergangen. Der Regisseur hat das Drehbuch als Plan zu Beginn durchaus zur Hand genommen und sich daran orientiert. Häufig hieß dieses Drehbuch dann Businessplan. Aber im Laufe der Zeit passierte das immer seltener: Es gab im Alltag einfach zu viel zu tun, vielleicht war der Plan auch nicht besonders gut geschrieben oder er betraf auch nur die erste Zeit des Aufbaus, auf alle Fälle blieb er irgendwann komplett in der Schublade. Es war ja auch kein Autor mehr da, der ihn mal daran hätte erinnern könnte.
Jetzt steuert der Regisseur ohne jeden Plan. Er arbeitet dennoch hart, ebenso wie der Darsteller, wobei er in erster Linie Tag für Tag reagiert. Und auch da kommt er manchmal kaum hinterher. Sein Business dümpelt trotzdem – vermutlich sogar deswegen – vor sich hin.
Regisseur und Darsteller fühlen sich den täglichen Herausforderungen und Veränderungen da draußen zunehmend ausgeliefert. Obwohl sie doch so hart schuften, kommen sie kaum voran, fühlen sich blockiert. Sie werden immer erschöpfter, der Darsteller stellt sich zunehmend die Frage nach dem Sinn des Ganzen. Die ursprüngliche Freude an der Arbeit ist verfolgen, die Unternehmenswerte schrumpfen möglicherweise bereits.
Was steckt dahinter? Oftmals ist es schleichend dazu gekommen, dass Vision und Planung auf der Strecke geblieben sind, weil es im Alltag zu viel anderes zu tun gab. Die Auswirkungen spürt man dann oft erst mit einer zeitlichen Verzögerung.
Wie kann die Lösung aussehen? Am wichtigsten ist die ehrliche Erkenntnis, dass es so nicht weiter geht. Und die Entscheidung: Ich möchte nicht mehr nur reagieren, sondern brauche (wieder) eine Vision als Leitstern und einen vernünftigen Plan. Das Dilemma ist, das der Unternehmer in solch einer Situation häufig schon zermürbt und „ziemlich fertig“ ist. Dennoch gilt es, sich hierfür Zeit und Ressourcen freizuschaufeln und dem Thema neben dem kräftezehrenden Alltagsgeschäft Priorität einzuräumen.
Bildlich gesprochen geht es darum den Autor zurückzuholen und ihm auch in Zukunft einen festen Platz einzuräumen. Um die Arbeit aufzunehmen und den alten Plan zu überarbeiten, braucht der Autor frische Impulse. Das heißt, es gilt sich zu öffnen, ehrlich zu schauen, wo man steht, gezielt Impulse von außen (Fachbücher, Veranstaltungen, Netzwerk, ggf. externe Berater) zu suchen und zu nutzen.
2. Der Autor ist hellwach und verteidigt das Drehbuch stur.
In diesem Fall tritt der Drehbuchautor ganz anders auf: Er hat zu Beginn des Unternehmens oder zumindest vor längerer Zeit ein Meisterwerk verfasst. Davon ist er felsenfest überzeugt. Sein Plan ist daher „in Stein gemeißelt“. Er achtet penibel darauf, dass der Regisseur ihn genauso umsetzt: „Mein Plan gilt. Punkt.“ Dieser hält sich brav daran, zieht das Drehbuch keine Sekunde in Zweifel, interpretiert nichts neu, ändert kein Detail ab.
Nur leider steht die Welt draußen nicht still. Der Plan, so gut er zu Beginn gewesen sein mag, passt daher mit der Zeit immer weniger. Womöglich wäre es auch sinnvoll, aufgrund der neuen Situation einige Rollen neu zu besetzen – Mitarbeiter auszutauschen oder sie dabei zu unterstützen, sich entsprechend der neuen Anforderungen weiterzuentwickeln. Nichts davon passiert. Der Regisseur hält sich vielmehr weiterhin stoisch an den Plan (nach dem Motto „was gut war ist gut“), zieht ihn keine Sekunde in Zweifel. Dafür hat er vor dem Autor viel zu viel Respekt.
Am besten gelingt dies, wenn er sich nach außen abschirmt, sich vor neuen Impulsen schützt – denn die könnten den Plan doch noch ins Wanken bringen.
Das Unternehmen befindet sich inzwischen sozusagen isoliert auf einer Insel, die immer weiter vom Festland – der sich ändernden Welt da draußen – wegdriftet. Je mehr Zeit vergeht, umso sichtbarer wird die Lähmung und umso schwieriger ist es, an dem alten Drehbuch festzuhalten. Für Regisseur und Darsteller ist dies mit immer mehr Kraftanstrengung verbunden. Wenn der Regisseur einen Moment zweifelt, steht der Autor drohend auf und sorgt dafür, dass er auch gedanklich schnell wieder zum „bewährten“ Plan zurückkehrt. Nicht alle können diesen Spagat zwischen Plan und Wirklichkeit ertragen. Womöglich verlassen inzwischen einzelne Mitwirkende (Mitarbeiter) die Insel und rudern aufs Festland.
Was steckt dahinter? Oftmals ist es eine Mischung aus Angst vor Veränderung, Passivität und blindem, naivem Vertrauen in den eigenen Plan, gerade dann, wenn er anfangs durchaus funktioniert hat.
Wie kann die Lösung aussehen? Der Autor muss sich an seine ursprüngliche Rolle erinnern: Die besteht nicht darin zu verteidigen, sondern zu gestalten! Am besten beginnt er – genau wie im vorigen Fall beschrieben – mit einer ehrlichen Analyse des Status quo, intern und extern. Und danach schreibt er das Drehbuch weiter bzw. um, so wie es zu der aktuellen Situation, den Rahmenbedingungen und – ganz wichtig – auch dem Darsteller, seinen Werten und Motiven passt!
Diese Haltung sollte er sich in Zukunft zu eigen machen: Die Welt draußen beobachten, im Dialog bleiben mit dem Regisseur und seinen Darstellern, und den Plan bei Bedarf flexibel anpassen.
3. Der Autor schreibt und schreibt und schreibt.
Bei den ersten beiden Blockademustern geht es darum, dass der Autor seinen Planer-Job nicht mehr macht. Es gibt aber auch das andere Extrem: Er übertreibt seinen Fleiß und schreibt ohne Pause am Drehbuch. Er versucht zwar, mitzubekommen, was draußen passiert, passt seinen Plan also auch kontinuierlich an. Aber er plant und definiert viel zu viel. Im Ergebnis wird das Dreier-Team aus Autor, Regisseur und Darsteller trotz des guten Willens und allen Einsatzes zu langsam.
Was steckt dahinter? Oft übertreibt der Autor, weil er seinen Job möglichst gut machen möchte. Er sagt von sich womöglich „Ich bin halt ein wenig perfektionistisch.“ Der Grund kann allerdings auch sein, dass der Regisseur zu schwach oder ängstlich ist, um auch einmal spontan zu handeln und daher abwartet, bis der Plan bis ins letzte Detail fertiggestellt ist.
Wie kann die Lösung aussehen? Für alle Beteiligten gilt es, gelassener zu werden und das richtige Maß an Planung zu finden. In vielen Fällen können hier agile Methoden weiterhelfen, bei denen erst einmal nur die nächste Etappe geplant wird, man sich das Ergebnis dann in Hinblick auf die Vision anschaut, und zur nächsten Etappe übergeht.
Auf einen Blick: Take-Aways
- Es gibt mindestens drei Fälle, in denen man die Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens blockiert, wo es sich lohnt, beim Drehbuchautor anzusetzen. Es gilt dann, den Autor zurückzuholen, ihn daran zu erinnern, was sein Job ist (neue passende Wege entwickeln und planen und nicht veraltete verteidigen) oder ihn dazu zu bringen, das richtige Maß zu finden.
- Erinnern wir uns: Dies ist ein Bild. In Wirklichkeit ist der Autor keine dritte Person, sondern es geht um uns als Selbständige, als Unternehmer oder Freiberufler. Darum, dass wir eine Vision haben, darum, dass wir sie in Ziele runterbrechen und sinnvoll planen – und dann, in der Rolle des Regisseurs, darauf hinsteuern zu können.
Wenn du den Eindruck hast, dass es sich lohnt, einmal genauer zu schauen, ob und inwieweit du dir hier womöglich im Weg stehst, dann schlage ich Folgendes vor:
Lese in Ruhe die folgenden drei Sätze und entscheide spontan, inwieweit sie momentan auf dich zutreffen. Vergebe Punkte zwischen 1 und 10: 10 heißt, der Satz trifft vollkommen zu, 1 bedeutet, dass er überhaupt nicht stimmt.
Los geht’s:
1. „Als das Drehbuch fertig war, ist der Autor verschwunden.“
Sprich: Ich habe schon lange nicht mehr systematisch geplant.
2. „Der Autor ist hellwach und verteidigt das Drehbuch stur.“
Sprich: Ich habe einen Plan, an dem halte ich um jeden Preis fest.
3. „Der Autor schreibt und schreibt und schreibt.“
Sprich: Ich plane so genau und so viel, dass ich mit dem Handeln kaum noch hinterher komme.
Bei welcher Aussage hast du die meisten Punkte vergeben? Setze hier an. Überlege dir: Was kannst du tun? Ganz konkret, was ist der erste Schritt, um das anzugehen? Und dann gehe genau diesen Schritt!
Manchmal ist dies ganz einfach, manchmal zeigt sich hier die nächste Blockade. Für Fragen dazu stehe ich daher sehr gern zur Verfügung. Bei Bedarf begleite ich meine Kunden auch schrittweise durch den gesamten Prozess.
Wir haben uns jetzt genauer damit beschäftigt, wie der Drehbuchautor blockieren kann. Dem Regisseur und dem Darsteller gelingt dies allerdings mindestens genauso gut. Wie, das schauen wir uns dann in den nächsten beiden Beiträgen an.
Bis dahin!
Was denkst du darüber? Hast du Fragen?