„Du entscheidest über deine Geschichte.“ Oder „You decide about your story.” Egal in welcher Sprache: Dies ist für mich ein ganz wichtiger Satz.
Ich habe festgestellt, dass in dieser Aussage, so einfach sie auf den ersten Blick auch wirken mag, ganz viel steckt – bzw. dass man ganz viel daraus schöpfen kann. Dies habe ich für mich persönlich erlebt, aber auch bei vielen meiner Klientinnen und Klienten beobachtet. Deswegen stelle ich diesen Satz in den Mittelpunkt des heutigen Beitrags. Er ist Einladung und Aufforderung zugleich. Ich lade dich ein, einmal zu schauen, was er für dich persönlich bedeuten kann.
Übrigens, auch diesen Beitrag gibt es in abgewandelter Form in meinem Biztopia-Podcast zum Hören. Hier kannst du ihn direkt abspielen:
„You decide about your story“ verweist für mich zum einen auf die Freiheit, die die allermeisten von uns haben, zumindest dann, wenn wir das Glück haben, beispielsweise im heutigen Europa zu leben. Gleichzeitig spricht er auch die Verantwortung an, die sich für uns daraus für unser eigenes Leben ergibt. Und er lässt sich prima auf unser persönliches BIZTOPIA beziehen, also für die Unternehmerinnen und Unternehmer unter uns auf die Frage, was unser Business ausmacht und wie es sich künftig für uns sinnvoll entwickeln soll.
Wenn wir unsere eigene Lebens- oder auch die eigene Unternehmensgeschichte anschauen, dann stecken wir normalerweise in der Story, in der Geschichte gerade mittendrin. Wichtig ist: „You decide about your story“, gilt für beide Blickrichtungen, für das was war und das was in Zukunft passieren wird.
Ja, auch für den Teil unserer Geschichte, der in der Vergangenheit spielt, können wir heute aktiv entscheiden, wie unsere Story lautet. Dies mag erst einmal irritierend wirken. Was also meine ich damit? Es geht nicht darum, dass wir uns eine fiktive Geschichte ausdenken und uns und anderen etwas vormachen oder gar vorlügen.
Sondern es geht darum, dass eine Story immer subjektiv ist. Je nachdem, wie wir die objektiven Fakten interpretieren, was wir betonen und was wir weglassen, für welchen roten Faden wir uns also entscheiden, kann unsere Story ganz unterschiedlich lauten. Und entsprechend anders wird diese Story dann vermutlich auch in der Zukunft weitergehen.
Vielleicht hast du schon einmal gehört, dass bei einem Film zwischen dem Plot und der Storyline unterschieden wird. Der Plot beschreibt die vordergründige Aneinanderreihung von Ereignissen – dies wäre in unserem Fall der Lebenslauf mit all seinen Daten und Fakten oder die chronologische Unternehmensgeschichte -, in der Story stehen jedoch das Leitmotiv und die Gefühle des Helden im Mittelpunkt. Hier stehen Kopf und Herz im Mittelpunkt, eine Geschichte vergisst man nicht so leicht.
Erzählen wir uns oder anderen unsere persönliche Story, dann geht es also nicht um eine vollständige Auflistung von Jahreszahlen und Ereignissen, sondern darum, was uns wichtig war und ist, und auch um die Emotionen, die wir dabei erlebt haben. Unser persönliches WARUM hat bei der Auswahl der Dinge, die wir erwähnen, einen wichtigen Anteil. Wir nennen es meist nicht so, aber was wir schildern, ist letztlich unsere Entwicklung, der Weg, der uns bis hierher gebracht hat.
In einer früheren Folge bin ich auf die drei Rollen eingegangen, die wir als Unternehmerin oder Unternehmer haben: Wir sind – bildlich gesprochen – zugleich Drehbuchautor, Regisseur und Darsteller in unserem eigenen Film: Wir planen, wir steuern und wird sind als Mensch mit unseren persönlichen Stärken, Werten und Bedürfnissen dabei.
Wie hängen nun diese drei Rollen und deine Story zusammen?
Als Regisseur erzählst du dir deine bisherige Geschichte und steuerst damit, bewusst oder unbewusst – deine Kunden, Partner, Mitarbeiter … und zuallererst auch dich selbst als Darsteller! Diese Story kann „nur“ dein Business betreffen, aber sie kann auch beinhalten, warum du persönlich dazu gekommen bist, dein Unternehmen zu starten, es zu übernehmen oder umzugestalten … Hier geht es also um den Blick zurück.
Als Drehbuchautor schreibst du an dieser Story weiter, dies betrifft die Zukunft. Jetzt richtet sich der Blick also nach vorn. Und „you decide“ gilt selbstverständlich auch hier. Wichtig ist, dass unser innerer Drehbuchautor nicht „bei null“ anfängt. (Selbst bei einer Neugründung nicht wirklich, denn der Gründer war ja schon vorher da!) Am besten passt wohl das Bild eines Serienautors, der das Drehbuch für die nächste Staffel schreibt! Deswegen ist es dafür, wie er die Geschichte weiterschreibt, so wichtig, „was bisher geschah“, also unsere subjektive Interpretation der Vergangenheit, die Wahl unseres „roten Fadens“.
Übrigens haben Geschichten in den letzten Jahren auch in die Unternehmenskommunikation verstärkt Einzug gehalten. Dies hängt mit der starken Wirkung von echten Stories zusammen. Wir Menschen lieben seit jeher gute Geschichten, sie transportieren Emotionen, sie können uns Kraft geben und inspirieren. Storytelling ist ein wirkungsvoller und inzwischen ein sehr beliebter Ansatz im Marketing und in der PR vieler erfolgreicher Firmen von Siemens über Apple bis hin zu Google.
Die „Zutaten“ einer guten Story sind dabei – da sind sich alle einig: ein Grund, warum sie erzählt werden (hier kommt wieder unser persönliches WARUM ins Spiel, mehr dazu hier), ein Held (ja, das sind wir!), ein Konflikt sowie Emotionen.
Konflikte gehören somit nicht nur dazu, ein Konflikt sogar zentral für eine Story. Auch für deine persönliche Geschichte sind die Wendepunkte, die Krisen und Weichenstellungen somit ganz wichtig. Steckt man mittendrin, mag man sich oft eine stabile „langweilige“ Phase wünschen, aber erst mit diesen Punkten und deren Lösung entwickeln wir – und ggf. unser Business – uns weiter und können wachsen. Entscheidend ist dabei: Können wir die Krise als Möglichkeit zur Weiterentwicklung, als Übergang zu einem neuen positiven Kapitel sehen?
Willst du deiner persönlichen Story auf den Grund gehen, lohnt es sich, dir u.a. diese Fragen zu stellen:
- Welche zentralen Wendepunkte, Krisen und Konflikte gab es? In deinem Leben und/oder bezogen auf dein Business?
- Wie ging es dir damals? Was hast du gefühlt und warum?
- Hast du dich als handelnder Akteur erlebt oder eher als passives „Opfer“ der Umstände? Falls du dich bislang eher passiv erlebt hast: Was passiert, wenn du testweise die Geschichte einmal so formulierst, dass du etwas aktiv (wenn vielleicht auch unbewusst) entschieden hast? Die Entscheidung kann dabei übrigens auch darin bestehen, einen Weg nicht zu gehen, etwas nicht zu tun.
- Was hast du an dieser Stelle bzw. aus dieser Erfahrung gelernt? Was war an dieser Stelle wichtig und hat dir geholfen? Worüber bist du dankbar? Was war hinterher anders? Welches „Learning“, welche Stärke oder welche Fähigkeit hat seitdem einen festen Platz in deinem „persönlichen Rucksack“?
Übrigens, meist haben wir uns an eine bestimmte Einordnung bzw. Deutung von Ereignissen gewöhnt. Dies war allerdings häufig eine (unbewusste) Entscheidung unter mehreren Alternativen. Und die könnten wir ggf. auch heute noch anders treffen!
Die Story eines jeden Menschen – und auch eines jeden Unternehmens – sagt viel über unsere eigene Identität, unser eigenes Selbstverständnis aus. Sie hilft uns dabei, zwei grundlegende, persönliche Fragen zu beantworten: Wer bin ich? Und warum bin ich hier? Die Antworten auf diese Fragen sind eine wichtige Grundlage dafür, um als Unternehmerin oder als Unternehmer die eigene Vision und Mission zu schärfen – oder sie ggf. überhaupt erst zu formulieren (mehr dazu hier).
Mein Tipp: Spiele einmal bewusst damit, Ereignisse, die aus deiner Sicht entscheidend waren, in einen anderen Kontext zu setzen oder ihnen eine andere Bedeutung zu geben. Erzähle die Story einmal als Tragödie, als Komödie oder auch als Thriller. Und – ganz wichtig – gebe dein Bestes und erzähle sie unbedingt auch einmal als faszinierende Growth Story, als deine persönliche Wachstumsgeschichte. (Wichtig: Mit Wachstum meine ich hier keine steigenden Umsatzzahlen, sondern deine eigene Weiterentwicklung, im Einklang mit deinem WARUM … die sich möglicherweise auch in steigenden Zahlen niederschlagen kann, die sind dann die Folge des Wachstums.)
Spürst du, dass, wenn sich deine Sichtweise ändert, auch deine Gefühle in Bezug auf diese Ereignisse möglicherweise wandeln? Dies kann helfen, neben möglichen negativen auch positive Anteile einer Situation entdecken!
Identifiziere nun, während du mit den möglichen Stories experimentierst, zwei, drei oder noch mehr mögliche „rote Fäden“ in deiner Historie, die dir grundsätzlich plausibel erscheinen. Was wären jeweils mögliche Fortschreibungen dieser Fäden in die Zukunft? Auf welche WARUMs, Werte und Visionen wären sie ausgerichtet?
Und dann entscheidest du: In Hinblick auf dein persönliches WARUM, welchen Faden soll der Drehbuchautor in dir künftig weiterspinnen, welche Story soll folglich der Regisseur erzählen, um dich selbst als Darsteller zu stärken und um deine Mitarbeiter, Partner und andere zu führen?
Teste, ob die Story, die du ausgewählt hast und die du also ab sofort über deine Vergangenheit erzählst – und die bitte nicht rosarot gefärbt sein sollte, die auch Niederlagen enthalten kann – ob diese Story dich stärkt, ob sie sich „richtig“ anfühlt und ob sie sich für dich leicht mit der Fortsetzung für deine Zukunft verbinden lässt. Ist dies der Fall, dann hast du deine Story gefunden bzw. geschärft. Glückwunsch! Entscheide dich aktiv für diese deine Geschichte und treffe zügig die notwendigen Entscheidungen, um sie Wirklichkeit werden zu lassen: „You decide about your story.“
Solltest du allerdings spüren, dass du mit deiner Geschichte noch nicht im Reinen bist oder dies doch nicht „deine“ Story ist, dann gehe dem nochmal genauer nach. Prüfe in diesem Fall auch noch einmal gezielt, ob die Fortsetzung der Story, die du für die Zukunft entworfen hast, dich ehrlich begeistert, ob du darin dein WARUM klar erkennst und regelrecht darauf brennst, sie zu erleben.
Übrigens, es kann eine Weile dauern, bis man seine Story – in beide Richtungen – so formuliert hat, dass sie für einen persönlich wirklich passt.
Aber es lohnt sich! Von einer starken Story geht eine Kraft aus, die sinnvolles Wachstum fördert. Die Story schärft den Fokus (manchmal gibt sie auch überhaupt erst einen), sie hilft tagtäglich dabei, unter mehreren Alternativen die „richtige“ Option zu erkennen, sie gibt einem Mut und Sicherheit für die vielen kleinen und manchen großen Entscheidungen auf dem weiteren Weg. Sie ist damit u.a. auch ein wirksames Mittel gegen Zögern, Blockieren und Verzetteln.
Meine Erfahrung ist: Wer seine Story aktiv formuliert und sich klar für sie entschieden hat, der wird automatisch schneller und fühlt sich sicherer nach vorn und gekräftigt nach hinten. Wenn du jetzt Lust bekommen hast, damit loszulegen, dann habe ich etwas für dich vorbereitet: Lade dir das Arbeitsblatt herunter und fange einfach an!
An dieser Stelle möchte ich jedoch einen wichtigen Hinweis ergänzen: Das Arbeitsblatt ist sehr komprimiert. Bitte betrachte es nur als ersten Schritt, der dir eine grobe Struktur gibt und dich dabei unterstützt zu beginnen. Häufig erlangt man auf diesem Weg schon etwas mehr Klarheit, gleichzeitig tauchen beim Ausfüllen dann oft weitere, darunter auch sehr grundlegende persönliche Fragen auf. Es lohnt sich, dann das Gerüst des Arbeitsblatts zu verlassen und sich diesen dann mit ausreichend Zeit und möglicherweise einem Gesprächspartner zu widmen.
Wichtig ist mir noch ein zweiter Hinweis: Natürlich haben wir nicht ALLEIN Einfluss auf unsere Story. Auch die Rahmenbedingungen, andere Menschen etc. können hierfür sehr wichtig sein. Die Interpretation der bisherigen Story und die Entscheidungen in Bezug auf die künftige jedoch, die gehören uns selbst. Wir sind dafür verantwortlich.
Wem das bewusst ist, der kann dies als Chance begreifen und diese Verantwortung mit Freude übernehmen.
Viel Spaß dabei!
Auf einen Blick: Take-Aways
- Wir entscheiden bewusst über unsere bisherige Geschichte. Es sind fast immer mehrere „rote Fäden“ möglich, je nachdem, wie wir die Ereignisse der Vergangenheit interpretieren und in welchen Kontext wir sie setzen.
- Auch über unsere künftige Story entscheiden wir – nicht komplett allein, denn es kommt natürlich auch auf die Rahmenbedingungen und andere Menschen an –, aber wir haben meist einen großen Anteil daran.
- Treffen wir diese Entscheidungen aktiv, so stärkt uns dies, es gibt Sicherheit und einen klaren Fokus.
- Als Unternehmer tun wir gut daran, diese unsere Story jetzt auch gezielt mit Mitarbeitern, Partnern und Kunden teilen. Im „Storytelling“ passiert dies häufig in Form von exemplarischen Geschichten (aber dies wäre wiederum ein eigenes Thema!)
Weiterführende Materialien
Arbeitsblatt: You decide about your Story
(jetzt kostenlos hier herunterladen)
Was denkst du darüber? Hast du Fragen?